Der Elefant im Raum

Töröööö 🐘 – da steht er mal wieder. Groß und grau mit mächtigen Stoßzähnen und einem langem Rüssel… egal ob bei Vorstellungsgesprächen oder Teammeetings, bei unseren Jobcast-Aufnahmen, am Tisch im familiären Umfeld oder beim Treffen mit Freund:innen: Der Elefant im Raum.

Unaussprechbare zwischenmenschliche Themen, Tabus im Teammeeting oder Unsagbares im Gespräch zwischen Angestellten und Vorgesetzten, was aber allen oder fast allen Beteiligten gerade klar ist. Wir kennen das alle.

Alle wundern sich, warum man das Offensichtliche nicht ansprechen kann und können es doch selbst auch nicht. Diese Phänomene bezeichnen wir als „den Elefanten im Raum“. Dieses große Rüsseltier treffen wir häufig in einem seiner natürlichen Habitate, nämlich unserer Arbeitsumgebung, an.

In diesem Artikel werden wir dieses Phänomen beleuchten und Tipps geben, wie du gut mit solchen Elefanten umgehen kannst. Streicheln oder Verscheuchen? Nicht beachten oder lieber ruhig ansprechen? Hier findest du unsere Ratschläge für den Umgang mit diesen hartnäckigen Dickhäutern.

So bemerkst du, dass der Elefant da ist

 

Du hast das Gefühl es herrscht dicke Luft. In einem Meeting sprechen alle das Offensichtliche nicht an. Vielleicht bist du auch neu in einer Firma und dir fällt ganz besonders auf, dass über gewisse Dinge (Gehalt, Urlaubstage, Teamkonstellationen, Konflikte oder Fehler der Führung) nicht gesprochen wird. Erstmal ist gut zu wissen, dass dieses Phänomen eher die Regel als die Ausnahme ist – Elefanten in Räumen zu begegnen ist völlig normal.

Bevor du ganz zum Kollektiv deiner neuen Firma gehörst, fällt es dir wahrscheinlich deutlich leichter einen Elefanten oder eine ganze Herde Elefanten im Raum wahrzunehmen. Ein solcher Elefant ist nämlich immer eine Kollektiv-Leistung und kann bei einer Gruppe schnell ins Unbewusste sacken.

Vielleicht werden im Zweier-Gespräch an der Kaffeemaschine noch gewisse Dinge angesprochen („das war doch voll komisch vorhin…“), aber im Meeting sind alle plötzlich arg zugeschnürt.

Das ist normal, denn es ist meistens verflixt schwer, einen solchen Elefanten in der aktuellen Situation im Raum anzusprechen, manchmal ist das auch als Arbeitnehmer:in nicht sinnvoll, denn es kann Gesichtsverlust oder Liebesentzug drohen, wenn ein verdrängtes Thema plötzlich auf den Tisch gebracht wird.

Es ist also erstmal gefragt feinfühlig zu sein und genau auf die Kommunikation in einer Gruppe zu achten, bevor man wilde Tiere aufscheucht.


Welchen Nutzen hat ein Elefant im Raum?

 

Ein Elefant im Raum hat immer einen gewissen Nutzen, der auch nicht unterschätzt werden darf. Er ist per se nichts Schlechtes sondern einfach etwas was da ist

Vielleicht sorgt er für Stabilität oder schützt Menschen davor Fehler zugeben zu müssen. Vielleicht besteht sein Nutzen auch darin, gewisse Menschen nicht zu demütigen oder bloßzustellen. Ein Sprechtabu kann sich aus wichtigen Gründen etablieren, oftmals sind die Gründe für dieses Tabu allerdings überholt oder sie stehen einer kommunikativen Übereinkunft im Weg.

Wenn der Elefant immer größer wird und unangenehme Gefühle der Beteiligten mit diesem Phänomen verknüpft sind, dann kann es Sinn machen etwas zu ändern.

Der einfachste Weg ist über außenstehende Berater:innen zu gehen. Sie haben einen neutralen Blick und können in ihrer Funktion diplomatisch und dennoch präzise auf solche Phänomene hinweisen. Außerdem kann ihnen nur passieren, dass der Beratungsauftrag nicht verlängert wird, aber sie sind nicht dauerhaft Teil des Teamgefüges.

Gute Beraterinnen oder Organisationsentwickler sind darin geschult, genau solche Tabuthemen wertschätzend anzusprechen und dadurch Veränderungsprozesse anzustoßen. Als interne und beteiligte Person ist es viel schwerer auf Kommunikationstabus hinzuweisen, die auf schrägen Gruppennormen beruhen.

 

Diversity und der Elefant im Raum

 

Ein schönes Beispiel für einen Elefanten im Raum ist im Podcast der IPU Berlin nachzuhören: Eine internationale Firma führt eine Diversity-Strategie ein, in Workshops wird für das Thema sensibilisiert und es wird ein code of conduct eingeführt.

Alle fühlen sich gut aufgestellt um Diversity zu leben.

Ein paar Wochen danach findet ein Meeting statt, auf dem eine französische Kollegin auf englisch einen Vortrag hält. Aufgrund ihres Akzents versteht keiner im Raum über was sie spricht, aber alle hören interessiert und freundlich zu.

Danach wird über Verständigungsschwierigkeiten diskutiert. Allerdings spricht keiner den Elefanten im Raum, also das ganz aktuelle Verständnisproblem, an.

Das klingt nach einem seltsamen Beispiel, aber genau diese Dinge passieren in jeder Firma mehrmals im Monat.

Hier entsteht zum Beispiel eine neue Gruppennorm ("lieber nichts sagen, jeder darf so sein wie er ist"), weil vorher in Diversity-Workshops für das Thema Verschiedenheit sensibilisiert wurde und zack: Ein Elefant steht im Raum. Gruppen bilden schnell Normen aus und hier ist die neue Norm eben, dass Verschiedenheit nicht angesprochen werden sollte.

Der Gruppensog ist anstrengend und gegen eine Gruppennorm zu verstoßen, also den Elefanten aufzuscheuchen, ist anstrengend. Daher wird lieber geschwiegen – auch das ist völlig normal.

Auch wenn bisschen wenig Platz ist mit so einem Dickhäuter im Raum...


Vom Umgang mit Elefanten in Räumen – vier mögliche Konsequenzen

 

Was kann nun passieren, wenn man den Elefanten anspricht?

Es braucht das richtige Maß. Einen Konflikt offen ansprechen und damit gegen die Gruppennorm zu verstoßen, erfordert viel Fingerspitzengefühl.

Die Situation muss verstanden werden. Im Endeffekt kann man es auf vier mögliche Konsequenzen runter brechen, wenn ein Elefant angesprochen wird und in der Regel sind die Konsequenzen nicht dramatisch.

 

1. Alles bleibt wie es ist

Das ist wahrscheinlich der häufigste Fall.

Es wird etwas angesprochen und alle agieren danach genau so weiter als wäre das Thema nie angesprochen worden. Es passiert einfach gar nix.

In diesem Fall ist es gut zu wissen, dass Veränderung Zeit braucht. Der Elefant im Raum kann also im nächsten Meeting wieder thematisiert werden, das Thema verliert nach und nach vielleicht seinen Schrecken und etwas Neues kann entstehen.

 

2. Der Elefant wird zur Maus

Das ist ein Idealfall. Wenn der Elefant zur Maus wird ist wieder Platz im Raum.

Man kann sich wieder frei bewegen und das Thema darf – wie viele andere Themen auch – da sein und kann jederzeit angesprochen werden.

Oft kann auch über ein lang angestautes Thema gemeinsam gelacht werden, wenn man es schafft einen Elefanten im Raum humorvoll zu benennen. Durch das Lachen wird die angestaute Energie abgelacht... so sah das zumindest Freud und der war ein großer Elefantenjäger.

 

3. Der Elefant schlendert gemütlich aus dem Raum

Das ist auch eine gute Sache und eher die Regel als die Ausnahme.

Alle sind dankbar, dass dieses Thema nun endlich thematisiert wurde und es ist eigentlich gar kein so großes (graues) Ding – sinnbildlich gesprochen schlendert der Elefant aus dem Raum und das Thema hat sich erledigt. Dankbarkeit und Erleichterung dominieren.

 

4. Der Elefant wird sauer

Das ist der unwahrscheinlichste Fall und basiert eher auf den Ängsten, die man hat, bevor man etwas anspricht, als auf der Realität.

Wenn die Situation explodiert, indem man gegen die Gruppennorm verstößt und einen Konflikt daraufhin (lautstark?) austrägt, dann findet Veränderung statt, aber es kann eben auch Verletzungen geben, wilde Tiere sind nicht zu unterschätzen.

Wichtig ist dabei auf der Platte zu haben, dass das Wesen einer Demokratie der Konflikt ist. Aus Konflikten kann Veränderung entstehen oder eben ein klar ausgesprochener Kompromiss.

Die Dinge kommen also auf den Tisch, aber es wird auch gefährlich. Vor allem im internationalen Kontext kann es wichtig sein, manche Dinge nicht anzusprechen, denn in anderen Kulturen (z.B. mit japanischen Kolleg:innen) kann man Menschen zu nahe treten, wenn man Konflikte zu offen austrägt.

Aber zurück in die deutsche HR-Kultur: Eigentlich schade, dass in Vorstellungsgesprächen oft nach Teamfähigkeit gefragt wird, aber damit selten Konfliktfähigkeit gemeint ist.

 

Viel Freude mit den Tieren

 

Es gibt im Umgang mit solchen Elefanten selten eine eindeutige gute Lösung.

Wichtig ist ein guter Umgang mit Unsicherheit (mit sich selbst und bei anderen) und ein Gespür für Kommunikationssituationen zu entwickeln kann dir helfen situativ richtig zu entscheiden.

Wenn du erhöhte Spannung im Raum wahrnimmst und es thematisch heiß hergeht, dann ist es unklug auch noch den Elefanten aufzuscheuchen. Wenn hingegen eine ruhige und sachliche Atmosphäre herrscht, dann kann der Elefant im Raum angesprochen werden.

 

Wir hoffen unser kleiner Ausflug ins Tierreich hat dir gefallen – viel Spaß mit allen wandelbaren Tieren: Mit den Mücken, die zu Elefanten werden und mit den Elefanten die zu Mäusen werden.

Viel Freude mit den Gockeln und den Füchsinnen, den Eseln, den Schlangen und den bellenden Hunden, die nicht beißen.

Viel Spaß mit dem Vögeln und viel Freude mit den Affen, die zu Menschen wurden. Töröööö 🐘!

(Bildquelle: Public Domain DALL-E-2 („award-winning drawing of an elephant in a modern meeting room in bright colors, extremely detailed" + outpainting manually“)

Jobcast® Tipps aus unserem OHRBEIT Kanal

Jobs 🎧

IT Business Analyse inhouse statt in einer Beratung

Jobs 🎧

Marktkommunikation für EnerTech

Jobs 🎧

Den Modern Workplace der Zukunft mitgestalten

Weitere spannende Artikel für dich

21. Mrz
Acht Tipps für deine Fragetechnik im Bewerbungsgespräch

Mehr lesen

15. Mrz
„Meine sehr geehrten Damen und Herren“…Teil 2 von Peter Hohmanns Kaffeesätzen

Mehr lesen

09. Feb
Alleinerziehend arbeiten – Ein Leben in ständiger Bereitschaft

Mehr lesen

Bleibe auf dem Laufenden

mit unserem OHRBEIT Audio Newsletter

Wir vom Team OHRBEIT liefern dir in unserem unregelmäßigen Newsletter neben Infos zu aktuellen Jobcasts auch einen Mini-Podcast, den die Welt noch nicht gehört hat. Sei dabei und tauche auf in unseren OHRBEIT-Kosmos!

Jetzt abonnieren