Gendern mit y und Humor

Was wird nicht gestritten, um die richtige und gendersensible Sprache. Wer fühlt sich wann angesprochen und wer wird unsichtbar gemacht? Was klingt ungewohnt und was ist schriftlich ansehnlich? Was bricht mit unseren Gewohnheiten - wie flexibel sind wir?

Wir versuchen im OHRBEIT-Blog alle Menschen anzusprechen und wir hoffen, es gelingt uns.
Im Netz gibt es jede Menge Seiten, die für inklusive Schreibe & Sprache sensibilisieren. Richtig gut finden wir zum Beispiel die Seite Genderleicht vom Journalistinnenbund. So werden Texte gut lesbar und an alle wird gedacht.
Wissenschaftliche Studien zeigen auf, dass das generische Maskulinum (also Personen- oder Berufsbezeichnung nur in der männlichen Form für alle Geschlechter) Frauen unsichtbar macht. Sie sollen sich mitgemeint fühlen, werden aber nicht mitgedacht. Genauso geht es Menschen, die intergeschlechtlich, trans* oder genderqueer sind.

Als Alternative zum generischen Maskulinum hat sich die geschlechtergerechte Sprache entwickelt. Sie verwendet neutrale Bezeichnungen und Umschreibungen, setzt ein Gendersternchen oder macht das weibliche und männliche Geschlecht mit der Nennung beider Geschlechter deutlich.

Im Reich der Gendersternchen, Doppelpunkte, Tätigkeitbeschreibungen ohne Nominativ und der Sätze, die anfangen mit „Man wird ja wohl noch…“ und aufhören mit „…also ich meine alle, wenn ich Arzt sage“ fehlt uns manchmal die Leichtigkeit und der Humor. Um sich locker zu machen hilft ein Blick in die Geschichte!

Gendern mit y nach Phettberg – established 1992

Bitte nicht, sagst du, denn früher waren die Menschen ja nicht halb so woke wie wir klugen Tierchen heute…?
Lasst uns doch einfach mal eine kurze Zeitreise ins Jahr 1992 machen. Die Mauer war gerade gefallen und Deutschland war wiedervereinigt. Die Fußball-EM fand in Schweden statt und Danish Dynamite gewann überraschend mit ihrer Fleischbrötchen-Power den Pokal. Außerdem wurde Bill Clinton US-Präsident und der neue Flughafen München öffnete seine Pforten.
Und: Anfang der 90er Jahre nutzte der österreichische Künstler Hermes Phettberg in seiner Kolumne im Falter das erste Mal gendersensible Sprache – auf seine Weise!
Jetzt fragt sich der/die/das Leser*in natürlich, wie der gute Mann das gemacht hat?
Einfach und humorvoll:
Statt der Endungen, die das grammatische Geschlecht anzeigen, verwendete Phettberg einfach den Buchstaben Y - geboren war das Gendern mit y. Statt des Plurals „Leser*innen“ schreibt er seit den 1990er Jahren einfach „Lesys“.
Phettberg hat also das generische Maskulinum durch ein generisches Neutrum ersetzt mit Y als Endung. Klingt einfach, ist aber hohe Kunst.
Was denkt sich jetzt unser geneigtes Lesy dazu? Erzählen die Ohrbeitys wieder mal Quatsch oder ist es einfach inklusiv und humorvoll zugleich, wenn wir vom Kundy oder vom Arzty sprechen und damit alle meinen?

Ich fahr zum Kundy!

Wir mögen diese putzige Idee! Alles klingt irgendwie niedlich nach kleinen Tierchen im Gummibärchen-Land. Phettbergs Entgendern ist bestechend einfach und konsequent. Das fiel auch Thomas Kronschläger von der Technischen Universität Braunschweig auf. Er verhalf der einfachen Idee von Phettberg zu akademischen Ehren und schlägt sie als flüssige Gender-Alternative zu den manchmal umständlichen Stern-Doppelpunkt-Sätzen vor.
Der Germanist verwendet die Y-Form seit über vier Jahren privat und im akademischen Kontext – intuitiv verstehen seine Zuhörys, dass er mit dieser Form alle miteinschließt.

Wir finden das Entgendern nach Phettberg hat auf jeden Fall Aufmerksamkeit verdient. Als wir von dieser Idee hörten fanden wir sie erst ein bisschen abwegig. Aber sie hat sich in unseren Arbeitsalltag eingeschlichen und so taucht in der internen OHRBEIT-Kommunikation ab und an ein Bewerby, Kundy oder Beraty auf. Warum eigentlich nicht?

Gar nicht mal so gute Gegenargumente

Wir schließen diesen Artikel über Gendern mit y mit den klassischen Gegenargumenten für alle Spielverderbys.
Das erste Gegenargument für das Entgendern nach Phettberg: Das ist doch albern, das ist nicht ernst zu nehmen!
Wir finden: Wo kämen wir nur hin, wenn wir uns alle nicht so ernst nehmen würden?
Wo kämen wir nur hin, wenn wir alle ab und an bisschen albern wären?
Wahrscheinlich wäre Schland ein besserer Ort. Twitter wäre erträglich, die Herzinfarktrate etwas niedriger und die Bürokommunikation lockerer. Wir nehmen uns alle selbst und gegenseitig (nicht nur auf Twitter) viel zu ernst – bisschen Albernheit würde guttun, liebes Grummly!
Das zweite Gegenargument ist ein Klassiker: "Ach mein Gott, das generische Maskulinum taugt doch und es fühlen sich eh alle angesprochen!
Wenn das so ist, dann lasst uns doch die nächsten 200 Jahre einfach mal das generische Femininum durchziehen, das wäre doch ein Spitzen-Übergang bevor wir in den Phettberg-Modus wechseln, oder?
Wie jetzt? Du fühlst dich als Mann von der Anrede Leserin nicht angesprochen?
Können wir gar nicht verstehen … vielleicht phettbergern wir doch lieber gleich los?

Eine Umarmung an alle Lesys – eure Ohrbeitys

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