Quiet Quitting – die Sau und das Opfer

Quiet Quitting oder die nächste Sau die durchs Dorf getrieben wird. Wir stehen natürlich an der Seite und schwingen die Peitsche.

Nun gut, die Peitsche schwingen wir nicht, weil wir wissen, dass Schweine sensible Lebewesen sind und wir sie ja nicht verletzen wollen.

Lediglich schwer-mariniert und für 1,99 € im Kilo-Discounter-Plastepack, wenden wir uns dem Schwein nicht ganz so liebevoll zu. Aber solange die Tierchen leben, sind wir eher fürs Streicheln.

Nun ja, das Leben hat so manches Paradoxon am Start und wir halten fest:
Schweine werden geschlachtet und gegessen. Angestellte müssen für ihren Job die Extra-Meile gehen, Überstunden anhäufen und sich so richtig aufopfern... die armen Schweine!

Quiet Quitting ist Dienst nach Vorschrift? Wow!

Quiet Quitting ist der neue Trend und es riecht nach Pups im Schweinestall.

Die (jungen?) Angestellten wollen nur noch Dienst nach Vorschrift machen und sich nicht mehr selbst ins Burn-Out knechten für den Traum vom Eigenheim, der kaum mehr erreichbar und außerdem ethisch fragwürdig ist.

Wie ging das los?

Es segnete ein Mensch via TikTok die Massen mit seiner revolutionären „Idee“ vom Arbeiten – er schrieb: „Du gibst die Idee auf, mehr zu tun, als du willst. Du erfüllst immer noch deine Pflichten, aber du folgst nicht mehr der Mentalität der Hustle Culture, dass die Arbeit dein Leben sein muss.“

Wir sagen: WOW!

Zaid Khan (@zaidlepplin) hat damit den weltweiten Trend Quiet Quitting gestartet und schickt den Hamster allein vom Wording her direkt wieder ins Rad.

Hamster, Schweine, was denn nun? Ok abgesehen vom wirklich tollen Namen @zaidlepplin müssen wir leider sagen:

You need coolin´, Baby i´ m not foolin´, i´ m gonna send you back to schooling…

In der Schule lernt man nämlich heute, dass Bildung dem Nutzen zu dienen hat und nicht Selbstzweck ist. Die Humanressourcen sind dafür da gezielt ausgebildet zu werden, um sich dann brav in der ökonomischen Verwertungslogik einzugliedern.

Wie perfide selbstbestimmt, individualisiert und digital nomadisiert dieser Geist des Kapitalismus mittlerweile daherkommt ist hier zu lesen.

Erdreistet sich Zaid etwa selbstbestimmt Ideen zu entwickeln und die bisherige Idee "Mehr zu tun, als er will" aufzugeben? Mad props vom ganzen OHRBEIT-Team 🙌!

Mensch Zaid, die Hamstertierchen und Kant

Mensch, Zaid... Hoppla, wir waren doch die ganze Zeit bei Hamstern und Schweinen. Warum denn jetzt auf einmal Mensch?

Geht Mensch Zaid etwa vom Ideal der Aufklärung mit der Idee des autonomen Individuums aus?

Ist Zaid ein Mensch, der sich selbst befreit, indem er sich seines eigenen Verstandes bedient? Das hat noch kein Ferkel geschafft...

Wie weit die aktuellen Haltungsbedingungen des Arbeitsmenschen von wahrer Selbstbestimmung entfernt sind, ist daran zu sehen, dass „Dienst nach Vorschrift“ aka "Quiet Quitting" ein Trendbegriff werden konnte und offensichtlich jeder Menge digitalen Menschen die Augen öffnet:

Hamsterrad

"Wow, echt, ich kann da nicht mitmachen? Ich kann nur so arbeiten, wie es im Vertrag steht? Irre!"

Wir reden hier natürlich von einer besserbezahlten Blase, die es sich leisten kann nicht abzuhusteln.

Der Sub-sub-sub-Unternehmer, der diese Blase mit Paketen beliefert, der arbeitet zwar schnell & quiet, aber quittet immer erst recht spätabends, er ist das wahre Opfer.

Und dann kommt Zaid noch mit der Pflicht ums Eck, die selbstverständlich zu erfüllen ist... wir sind beeindruckt von der deepness der Aussage, denn die Pflicht ist doch (kurz googlen...) die Notwendigkeit einer Handlung aus Achtung für das [moralische] Gesetz, nach Kant.

Ob sich Zaid dem System und somit seinem Arbeitgebenden verpflichtet fühlt (klingt so) oder eine Pflicht zum Widerstand (oh well...) ins Feld führt?

Wir wissen es nicht, aber ballern weiter mit Kanonen auf Spatzen - huch, das nächste unschuldige Tierchen!

Quiet quitting ist ein Begriff der moderate Arbeit als stille Kündigung framed

Jetzt aber wieder zurück zum Begriff Quiet Quitting: Die Wortwahl suggeriert, dass man eigentlich im Stillen kündigt, wenn man nicht mehr macht, als vertraglich mit dem Arbeitgebenden geregelt ist.

Allein das Eingeständnis, dass der Dienst nach Vorschrift insgeheim einer stillen Kündigung gleichkommt, ist bemerkenswert.

Die Wortwahl wiederholt und stützt eine ökonomische Verwertungslogik. Sie framed ein nicht-aufopferndes, moderates Arbeiten bereits als stille Kündigung.

Wir sagen: WOW!

Es geht ja nicht darum, dass alle einfach nichts mehr machen, sondern es geht darum sich nicht mehr mit Arbeit zuschütten zu lassen und dadurch ins Ungleichgewicht zu kommen.

Außerdem schickt der pflichtbewusste Zaid sogar noch hinterher, dass man seine Pflichten nach wie vor erfüllen solle. Klingt im ersten Moment nicht besonders revolutionär, sondern ein bisschen zurückhaltend gegenüber einem System, das Menschen überfordert und krank macht.

Es klingt auch nach leichter  Skepsis gegenüber dem Wachstumsversprechen. Was im Moment also nicht besonders umstürzlerisch erscheint, kann ein erster Schritt sein.

Vielleicht beginnen Menschen sich auf Arbeitszeitregelung und Gewerkschaft zu berufen und nicht in Beruf und Freizeit die eigene Persönlichkeit effizienzgesteuert zu optimieren.

"Was wäre denn, wenn alle nur noch Dienst nach Vorschrift machen würden? Stell dir vor es ist Krieg und keiner geht hin..."

Schluss mit lustig

Die selbstermächtigenden und systemkritischen Anteile, die sich hinter dem fragwürdigen Begriff Quiet Quitting verbergen, finden wir gut.

Menschen beginnen sich einer systemisch und individuell auferlegten Wachstumslogik zu entziehen.

Nennen wir es doch einfach zarte Kapitalismuskritik mit braven Pflichtbewusstsein anstatt Euphemismen wie Quiet Quitting zu bemühen und dadurch die berechtigte Kritik gleich wieder zu verunglimpfen.

Ok Quiet Quitting ist griffiger, ihr habt ja Recht, aber wir sind ja nicht auf Twitter sondern im OHRBEIT-Blog.

Am Schluss einfach noch einmal griffig für alle in Twitterlänge komprimiert  - let that sink in:

Der Begriff Quiet Quitting ist eine Sau und wir sind alle Hamstertierchen, die mal Kant lesen sollten.

Und um wieder klar zu kommen gibts final eine Umarmung für alle Menschen, Hamster, Schweine und Spatzen 💚

 

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