Online Meetings besser gestalten

Unser Gastautor Uli Harnacke gibt dir fünf Tipps, um virtuelle Treffen fesselnder aufzubauen.

Er ist mühsam geworden, der digitale Teamtreff, der virtuelle Projekt-/Kundentermin oder die monatliche Routine-Sitzung im Verband und Verein.
Nach zwölf Monaten Corona haben wir neue Mitarbeiter*innen, die den Vorgesetzten noch nicht persönlich kennengelernt haben und Teams, die immer noch an „effektiven und produktiven Formaten“ arbeiten, während die MS Teams-Fatigue steigt.
Wir saßen tausende Jahre zum Live-Chat ums Lagerfeuer. Videokonferenzen gibt es erst seit dreißig Jahren und der Boom von Zoom & Co. ist jung, sehr jung.
Wie können Führungskräfte und Moderator*innen virtuelle Meetings hochwertig und spannend zu gestalten? Welche Möglichkeiten gibt es, nachdem mittlerweile die technischen Probleme entweder gelöst sind oder toleriert werden?

Was kannst DU tun, um Online Meetings besser zu gestalten?


Das ORA-Prinzip

ORA steht für Orientieren, Ritualisieren und Aktivieren und ist der Markenkern guter digitaler Kommunikation.
Laufend zu klären, „Was tun wir (jetzt)?“, „Warum tun wir das (so)“ und „Wann wollen wir fertig sein?“.
Das gibt den Teilnehmenden Orientierung, in der nicht-analogen Umwelt, die im Home-Office mit vielen Ablenkungen und passiven „Fernseh-Sessel-Verhalten“ verführt.
Rituale schaffen Sicherheit im digitalen Besprechungszimmer und Innovationsraum. Vorausgesetzt Corona und die neue Arbeitssituation führen zu mehr Unsicherheit, hilft es beim Online-Meeting Dinge zu ritualisieren: Sei es der regelmäßige Blick auf die Agenda oder das (parallel entstehende) Protokoll, sei es die Retrospektive, sei das die Schiffshupe zum Beginn des Meetings, ein Start-Song oder die rituelle Frage: „Was ist euch, jedem von euch, heute schon gelungen?“ – Bestärkung bestärkt und so werden z.B. „Motivationshormone“ wie Oxytocin und Dopamin ausgeschüttet.

Der Mensch und der Goldfisch

Und wenn es doch mal eine Powerpoint sein muss? Dann hilft es, die Prinzipien des multimedialen Lernens von Prof. R.E. Mayer zu kennen und anzuwenden. Deine Zuhörer*innen werden es dir danken. Mehr dazu findest du - kleiner Werbeblock - in meinem Buch "Online Meetings und Webinare - effizient und fesselnd gestalten"

Bliebe das Aktivieren. Und das permanent. Haben Menschen oder Goldfische eine längere Aufmerksamkeitsspanne? Aufpoppende E-Mails, nicht gegossene Zimmerpflanzen, wartende Wasch- und Spülmaschinen, Homeschooling „nebenbei“ und die über lange Jahre eingeübte passive TV-Haltung: da gilt es gegenzuwirken und dafür gibt es einige Möglichkeiten:

>> Aktivierendes Nachfragen ("War das verständlich?, “Seid ihr ok damit? "Wünscht ihr euch das anders?“)
>> Einzelübungen oder Diadenarbeit (Neue Räume oder Break Out Sessions)
>> Gruppenarbeiten
>> Kurzweilige Cartoons oder Videos
>> Aktivierende Fragen vom Thema weg („Erzählt doch mal schnell, wo ihr diese Tasse herhabt, wann ihr sie gekauft oder bekommen habt?“)
>> Bürogymnastik oder Entspannungsübungen für die flatscreen-müden Augen

Online Meetings besser gestalten mit Pausen und Meilensteinen

Zeiten-Wandel
Mit der Aktivierung ergibt sich auch schon Tipp No. 2 für euch: Ändert die Zeiten. Kürzt die Meetings und macht mehr Pausen.
Spätestens nach 45 Minuten braucht es eine Pause, länger online zu debattieren erzeugt eine Schein-Effektivität. Du wirst keine besseren Ergebnisse bekommen, wenn du deine Kolleg*innen 90 Minuten durch ein Digital-Review „jagst“.
Gib alle 20 bis 25 Minuten eine Orientierung, einen erreichten Meilenstein im Treffen oder ein neues Zwischenziel für die kommende Zeit.
Und alle 7 Minuten (von mir aus auch mal 10 Minuten) braucht es eine Aktivierung. Schönen Gruß vom Goldfisch.

Tool-Wechsel und Rollen-Tausch
Im Sinne von Aktivierung und Orientierung hilft natürlich auch, wenn Ihr als Leiter*in oder Moderator*in von dezentralen Synchronmeetings nicht alles alleine macht. Das entlastet alle und die Teilnehmenden.
Also: (mal) raus aus Teams, Meets, Zoom oder Adobe Connect und rein in Kahoot (für Quizzes), Mentimeter (für Abstimmungen) oder, wenn Ihr eine Entscheidung braucht, das Team aber zerstritten in zwei gleich großen „Lagern“ ist: Helfer wie die PMI-Matrix (Plus-Minus-Interesting) oder „Flip a coin“ – der Smartphone-Münzwurf.
Ihr habt keinen Bock auf langwierige Vorstellungsrunden? Dann erstellt jeder ein (unbearbeitetes) Smartphone-Video („That‘s me in 90 seconds!“) und die werden im Vorfeld online gestellt.

Vergib Rollen an die Teilnehmenden

Aktivierung und Aufmerksamkeit kannst du auch erreichen, indem du kleine Rollen an die Teilnehmer*innen vergibst.
Die Fantasie fängt jenseits von „Protokollant“ und „Time-Box“-Keeper an! Fluglotsen für die laufende Bewertung der aktiven Teilnahme aller, Witz-Beauftragte, Teamwork-Coach, Reflektoren, die am Ende eines Themas noch mal eine Zusammenfassung machen – da gibt es einen Berg von Chancen und jede*r fühlt sich gesehen!

"Schau in die Kamera!"

Kamerablick
Richtig ätzend finde ich, wenn die Kameras „off“ sind und keine Videos genutzt werden. Da hast du nur zwei Sinneskanäle (Audio und Video) und schaltest auch noch einen ab?
Das war im Frühjahr 2020 sicher ein Thema (und ist es bis heute in einigen Regionen), aber es wird auch nicht mehr probiert, ob es nicht vielleicht doch mittlerweile gehen würde.
Externe Cams gibt es für kleines Geld. Wenn die Leitung nicht passt, dann bitte doch einen Teil der Gruppe die Kameras auszuschalten und lasse die Gruppen (zum Beispiel nach 20 Minuten) wechseln.
In der Firma setzst du dich ja auch nicht HINTER das Flipchart oder ziehst dir die Jacke über das Gesicht.

Es gibt einen sagenhaften Vorteil von Online-Chats gegenüber analogen Vor-Ort-Klausuren: Du kannst alle auf einmal ansehen! Probier‘ das mal im Besprechungszimmer.
Dazu ist es wichtig regelmäßig in die Kamera zu sehen. Weg mit den Augen von der Kontrolle des eigenen Videos oder der Excel-Tabelle, hin zum regelmäßigen Blick in die Kamera bzw. den hellen Punkt im Notebook-Rahmen.

 

online meetings beser gestalten mit Herz

 

Persönlich werden und bleiben
Eine „frische“ Studie aus dem Herbst 2020 von BCG läßt gerade aufhorchen. 37 % der Befragten (4.000 Teilnehmer aus vier europäischen Staaten) wünschen sich ausreichend „Heart qualities“ von ihren Führungskräften („consideration (37%) 2) empathy (33%) 3) listening skills (31%) 4) team development (29%)“).
Das ist krisenhaft, wenn Vorgesetzte (!) berichten „Das ist so toll, diese Online-Meetings, das geht so diszipliniert und effektiv, wir sind immer schneller als ehedem in der Firma!“. Mag ja sein, das das mal so ist.
Genau so spüren wir aber doch auch zunehmend, dass ein Team, wenn es nicht bewusst gepflegt wird, sich im besten Fall nicht rückwärts entwickelt.
Es braucht, mindestens in sich wiederholenden Regelmeetings, auch Emotionalität und, keinesfalls paradox, NÄHE.

 Stärkenbombardement als Teambuilding-Maßnahme

Stelle diese bewusst her, zum Beispiel mit dem „Stärkenbombardement“: Ein Teilnehmer schaltet bewusst Kamera und Ton aus, alle anderen sprechen über sie bzw. ihn und dabei nur über die Stärken des/der Kolleg*in – das macht ihr etwa 90 bis 120 Sekunden: Und dann kommt der nächste dran.
Nahezu alle teambildenden Übungen sind in virtuelle Teams zu übertragen. Alternative Vorstellungsrunde in einem neuen Team: „Wenn ich ein Tier wäre, wäre ich ein ……, weil …!“.
Es geht darum, digital persönlich zu werden und zu bleiben, mit „family talks“ („Wie geht es bei euch zu Hause?“) oder der „Persönlichen Dummheit des Monats“, um auch vermeintliche Fehler und Versäumnisse Fehler-freudig zu besprechen und darüber zu lachen.
Noch mehr loben (also sonst ohnehin schon) ist mindestens ebenso hilfreich und nützlich um Online Meetings besser zu gestalten.

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