Es tut sich was in Deutschland – zum Beispiel können sich mittlerweile weiße alte Männer offen zu ihrer Homosexualität bekennen und seit 2017 können sie auch hochoffiziell den Bund der Ehe eingehen. Doch bevor jetzt unsere werte heteronormativ gebürstete Leserschaft verzückt YMCA anstimmt, bitte noch kurz Geduld! Am Ende des Regenbogens wartet nämlich nicht der Goldtopf, sondern noch jede Menge weitere Arbeit, wie uns Helmut Metzner vom Lesben- und Schwulenverband Deutschland in unserem Podcast berichtete.
Lasst uns vorher mal kurz die Abkürzungen klären, für alle die nicht in der woke rainbow bubble sind, aber einfach Lust auf ein buntes Schland haben:
- LGBT = Lesbian, Gay, Bisexual, Transgender (lesbisch, schwul, bisexuell, transgender)
- ...QIA* = Queer, Intersexual, Asexual/Agender und ein Sternchen als Platzhalter für weitere Geschlechtsidentitäten
So oder leicht bis verwirrend abgewandelt (LGBTQ / LBTG* / …) wird der Zusammenschluss von Personen mit den entsprechenden sexuellen Orientierungen im Kampf gegen Diskriminierung abgekürzt und als Selbstbezeichnung verwendet. Alles klar?
Wir wollten dir dein heteronormatives Weltbild eigentlich nicht zerstören, aber jetzt wo es passiert ist: Gern geschehen!
Erst seit 1994 (!) ist Homosexualität als Strafbestand aus dem deutschen Strafgesetzbuch gestrichen
Der Lesben- und Schwulenverband in Deutschland setzt sich für Menschenrechte, Vielfalt und den Respekt gegenüber allen Menschen ein. Ganz egal welcher sexuellen Identität oder geschlechtlichen Orientierung sie sich zugehörig fühlen. Und er ist im besten Alter, denn er ist dieses Jahr 30 geworden – ganz Recht: Seit 1990 sind diese Menschen am Start und kämpfen für ihre Sache! Das ist umso bemerkenswerter, weil erst 1994 (!) Homosexualität als Strafbestand aus dem deutschen Strafgesetzbuch gestrichen wurde – fun fact: die DDR hat das schon 1988 hingekriegt.
Mit klassischer Interessensvertretungsarbeit in der Politik und öffentlichkeitswirksamen Aktivitäten leistet der LSVD einen wichtigen Beitrag für seine Community und hat dabei mit 4400 aktiven Unterstützern und 101 Mitgliedsorganisationen ordentlich Wumms, aber zur Schusskraft später mehr und nun zurück zur Tagespolitik: Aktuell wird ja fraktionsübergreifend über die Streichung des Wortes Rasse aus dem Artikel 3 des Grundgesetzes diskutiert. Auch hier hat der LSVD klare politische Forderungen. In seiner jetzigen Form lautet der Paragraph Grundgesetz 3.3:
Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.
Rasse raus, sexuelle Identität rein!
Der Verband setzt sich aktuell dafür ein, dass in der Spezifikation des allgemeinen Gleichheitssatzes auch die sexuelle Identität mit aufgenommen wird. Zwei Fliegen mit einer Klappe: Rasse raus, sexuelle Identität rein! Klingt für uns nach einer guten Sache und wir drücken mal die Daumen mit den bunten Fingernägeln. Neben dem Groß-Groß in der Politik ist Helmut Metzner aber vor allem das Klein-Klein im Alltag wichtig, die Sichtbarkeit von LGBTQ-Belangen und eine gewisse Art von „Mainstreaming“, wie er es nennt. Seit der „Ehe für alle“ wird immerhin auf deutschen Standesämtern fleißig gleichgeschlechtlich geheiratet und diese Tatsache trägt für ihn auch zu einer gewissen positiven Gewöhnung in der Mehrheitsbevölkerung bei – ein „Christopher Street Day in a nutshell“ tagaus-tagein am deutschen Standesamt sozusagen.
Für mehr Akzeptanz und Sichtbarkeit im Arbeitsleben kooperiert der LSVD mit dem Netzwerk Club Sieben, dem Völklinger Kreis oder den Wirtschaftsweibern:
„Da muss es dann genauso selbstverständlich sein, dass neben dem Familienfoto der heterosexuellen Paare auf dem Schreibtisch vielleicht auch das Bild steht, das einen mit der eigenen Partnerin für die lesbische Frau oder dem Partner des Mannes zeigt“, erläutert Helmut Metzner seine Vision einer offenen Gesellschaft für alle.
Wenn er aus seinem Szene-Kiez in Berlin mal über den Tellerrand guckt, dann spürt er deutlich wie viel Aufklärungsarbeit für sexuelle Vielfalt auch in Deutschland noch zu leisten ist, zum Beispiel beim Sport. Also alle mal bitte die LGBT*-Brille aufsetzen und ein Auge auf den Profifußball geworfen:
"Jeder ahnt, dass bei einer Normalverteilung in der Gesellschaft auch im Sport eine ganze Menge Homosexuelle unterwegs sind. Da gibt's auch ein ausgeprägtes Körperbewusstsein...", wie man in einigen Teilen der Community laut Helmut Metzner durchaus beobachten kann. So liegt die Vermutung nahe, dass LSBTI da nicht unterrepräsentiert sind!
Erst nach der Karriere wird "geoutet"
Fußballer, die sich in ihrer aktiven Laufbahn offen zu ihrer Homosexualität bekennen gibt es immer noch sehr wenige. Das prominenteste Beispiel in Deutschland, Thomas Hitzlsperger, hat sich seine Homosexualität erst nach seiner Karriere publik gemacht.
A propos „Hitz The Hammer“ - als alter Fußball-Liebhaber komme ich nicht umhin kurz seinen strammen Schuss und seine beinharten Tacklings zu feiern – der gute Thomas engagiert sich übrigens bei Gesicht Zeigen und da schließt sich der Kreis, denn das ist auch einer unserer Kooperationspartner bei unserem Projekt BUNT „Deine Stimme für Vielfalt“.
Also liebe rainbow people: Es ist noch ein weiter Weg zu gehen, aber heute feiern wir das Erreichte, trinken zusammen einen BUNT Kaffee und wünschen alles Gute zum runden Geburtstag, lieber LSVD.