Ehrlich gesagt bin ich selbst etwas skeptisch als ich den Button zur Buchung anklicke und damit ein Gästezimmer in der bewohnten Zweizimmerwohnung einer Mitte 50-jährigen Dame in Paris buche. Ich bin verunsichert was mich erwartet und überrascht wie angstbefreit diese Frau wohl sein muss, sich unbekannte Menschen aus aller Welt in ihr intimes Reich einzuladen.
Inzwischen ist mir bewusst geworden, dass sie einen Wert lebt, von dem sich so manche Führungskraft - manchmal auch einfach nur „Kraft“ ohne erkennbare Führung – mehrere Scheiben abschneiden könnte.
Welchen Wert? Vertrauen! Vertrauen in sich selbst, aber vor allem Vertrauen in Mitarbeiter, genau genommen Kollegen.
Bestenfalls ist dieses Vertrauen natürlich bereits mit dem ersten Arbeitstag kommuniziert und etablierter Teil der bestehenden Unternehmenskultur. Beide Seiten wissen um die übergeordnete Vision der Unternehmung bzw. wie sie mit ihrem täglichen Tun auf diese einzahlen. Nur wenn dieses Verständnis beider hergestellt ist, kann nämlich aus meiner Sicht auch das Bewusstsein für „Arbeit = Ergebnis“ verinnerlicht und authentisch im Tagesgeschäft gelebt werden.
Dieses Mindset löst nicht nur das zwanghafte Ableisten vereinbarter Zeitpakete wie einer klassischen 40 Stundenwoche ab.
Es schafft die Grundlage auf der sich freiheitsliebende Mitarbeiter ähnlich einem Selbstständigen im Unternehmen entfalten und dieses damit nachhaltig mitgestalten können.
Gemessen werden am Resultat statt an Präsenz
Wenn ich als Mitarbeiter nicht mehr durch meine pünktliche Präsenz an der Stechuhr, sondern am Resultat meiner Arbeit gemessen werde, führt dies nicht zu selten zu einer Bewusstseinsveränderung gegenüber der Tätigkeit als solches. Aus dem sonntäglichen „Morgen muss ich wieder um 08:00 Uhr im Büro sein“ wird durch einen Vertrauensvorschuss des Arbeitgebers ein „Nach einem entspannten Frühstück lege ich dann los“.
Den Arbeitszeitpunkt und Ort selbst festlegen zu dürfen, gibt Angestellten die Möglichkeit die best mögliche mentale Verfassung und Umgebung für die Aufgabe zu wählen. Ganz nebenbei lässt diese Herangehensweise Arbeitszeit damit als wertvolle Lebenszeit wertschätzen und diese bisher getrennten Welten nahtlos verschmelzen.
Aus dem Streben nach Work-Life-Balance wird gelebte Life-Life-Balance
Wer als Mitarbeiter unternehmerisch denken darf, schaut zudem automatisch über den Tellerrand seines direkten Wirkungskreises hinaus und engagiert sich damit für fließende Übergänge zu angrenzenden Themenfeldern.
Beispielsweise erschließen sich durch diese Herangehensweise sinnhafte Verknüpfungen zwischen Vertrieb, Business Development und beispielsweise Marketing. Dies führt bei kollegialer Denke zu einem völlig neuen Level der Zusammenarbeit und damit echter Arbeitsergebnisse. „Scheuklappen“ werden nicht auf Kommando und damit meist temporär abgelegt, sondern unter Umständen sogar schleichend abgeschafft.
Selbstverständlich ist es eine nicht zu unterschätzende Herausforderung, bei dieser überdimensionalen Portion Freiheit, den roten Faden seines Kernprofiles als Mitarbeiter nicht zu verlieren. Hier kann es zu Beginn der Zusammenarbeit unter Umständen helfen, sich auf eine prozentuale Verteilung der Kerntätigkeit (z. B. Vertrieb im Außendienst) und Engagements in überschneidenden Bereichen (z. B. redaktionelle Unterstützung im Bereich PR/Marketing) zu verständigen.
Was meinst du?
- Arbeit = Ergebnis, oder nicht?
- Arbeitszeit ist Lebenszeit, oder nicht?
- Du vertraust dem airbnb Host & BlaBlaCar Fahrer also dann auch deinem Chef & Mitarbeiter, oder nicht?
Zusammenfassend empfehle ich dir, deine (zu 99% positiven) airbnb oder BlaBlaCar Erfahrungen in einer ruhigen Minute zu reflektieren und sie auf die Arbeitswelt zu übertragen. Abgesehen davon, konfrontiert euch gegenseitig mit den aktuellen Home-Office-Erfahrungen und Auswirkungen auf euer Leben, 24/7.
Wenn es keine offensichtlichen Contras gibt, vertraut euch, über den heutigen Tag hinaus.
Warum auch nicht? Leb's doch einfach!